28. Mai 2019
Freiwillige nähen spezielle Decken für Demente und Betagte
Demenzkranke und betagte Patienten zupfen oft unaufhörlich an ihrer Kleidung oder greifen nach allem, was sich in ihrer Reichweite befindet – in der Fachsprache «nesteln» sie. Studien belegen, dass der Umgang mit Nesteldecken hier eine beruhigende Wirkung hat.
«Die bunten Patchwork-Decken werden – ähnlich den Quiltdecken – aus verschiedenen Stoffen und Materialen hergestellt und sind mit Bändeln, Stofffiguren, Knöpfen, Taschen und so weiter verziert. Je nach Gestaltung der Decken können die Oberflächen schöne Erinnerungen auslösen und Freude vermitteln – und dadurch den Aufenthalt im Spital erleichtern», erklärt Christine Widmer. Die Pflegewissenschaftlerin ist im Spital Uster Bildungsverantwortliche und Hobby-Quilterin. Aus Erfahrung weiss sie: «Die Decken beruhigen und lenken vom Nesteln an Infusionen, Kathetern und Sauerstoffschläuchen ab.»
Um solche Decken auch im Spital Uster einsetzen zu können, hat sie gemeinsam mit Milenka Ubavic, verantwortliche Pflegefachfrau für die basale Stimulation am Spital Uster, das Nähprojekt im Freiwilligen-Team initiiert.
Mindestens 15 Stunden Nähen pro Decke
Seit Ende 2018 trifft die begeisterte Hobby-Quilterin nun rund 20 Frauen einmal im Monat und gibt in ihrer Freizeit ihr Wissen rund um die Herstellung und Anwendung verschiedener Techniken und Gestaltungsmöglichkeiten weiter. Fragen rund um Materialwahl, Zuschnitt und Formatierung, Nähtechniken, Oberflächengestaltung, Polsterung, Einfassung der Decken und vieles mehr werden geklärt.
«Die Freiwilligen schätzen das gemeinsame Nähen in der Gruppe. Sie tauschen sich aus und pflegen so auch Freundschaften», erklärt Kurt Mühlbach, Leiter des Freiwilligen-Teams, dem aktuell rund 100 Personen angehören. Er freut sich, dass er so viele engagierte Freiwillige für das Nähen gewinnen konnte. Die meisten von ihnen verbringen auch zu Hause zahlreiche Stunden mit dem Nähen. Schliesslich steckt in jeder einzelnen Decke mindestens 15, meist mehr als 25 Stunden Arbeit.
Alle gefertigten Decken sind Unikate – frei gestaltet mit viel Fantasie, Freude und Enthusiasmus. Die verwendeten Materialen sind schadstofffrei, die Decken waschbar. In der Regel sind sie 60 x 60 cm gross. Doch auch andere Grössen sind möglich, zum Beispiel für Patienten im Rollstuhl.
Projekt wird fortgesetzt
Vom 12. bis 16. Juni können die kleinen Kunstwerke im Spital Uster in einer Ausstellung im Eingangsbereich bestaunt werden. Anschliessend werden sie im Pflegealltag eingesetzt und den Patienten auf Wunsch mit nach Hause gegeben. Um jeweils genügend Decken vorrätig zu haben, soll das Projekt fortgeführt werden. Dazu sind weitere Material- sowie Geldspenden nötig. Christine Widmer: «Wir möchten vor allem Werkzeuge und Utensilien anschaffen, zum Beispiel Rollschneider, Schneidematten und speziell geeignete Nähmaschinen.»
Wirkung soll überprüft werden
Ob der beruhigende Effekt der Nesteldecken auch bei Patienten im Spital Uster erreicht wird, soll überprüft werden. Im weiteren Projektverlauf ist deshalb eine eigene Studie geplant. Angehörige werden um ein Gespräch gebeten, um die Wirkung dieser Decken auch im häuslichen Umfeld zu evaluieren.
Über das Projekt
- Organisation & Fertigung: Kurt Mühlbach, Leiter Freiwilligen-Team
- Projekt & Nähanleitungen: Christine Widmer, Bildungsverantwortliche
- Decken-Einsatz und fachliche Fragen: Milenka Ubavic, verantwortliche Pflegefachfrau basale Stimulation
- Projektstart: November 2018
- Teilnehmer: rund 20 freiwillig tätige Frauen
- Zeit pro Decke: 15 bis 25 Stunden
- bislang gefertigte Decken: 20
Weitere Informationen: Nesteldecken
Lesen Sie dazu auch das Interview mit Silvia Schaufelberger.